Mit dem Blogbeitrag „Sexuelle Bildung als Teil von Kinderschutzkonzepten“ möchten wir das Themenfeld sexuelle Bildung aus der Tabu-Schublade nehmen, da es leider häufig stigmatisiert ist. Dabei ist es ein alltagsbegleitendes Thema für Kinder und benötigt kompetente päd. Kräfte in Kitas, die Kinder in ihrer Entwicklung begleiten und Familien Unsicherheiten nehmen können. Sexuelle Bildung Kinderschutzkonzept
Kindliche Sexualität darf nicht mit der Sexualität von Erwachsenen verwechselt werden. Aus dem Grund möchten wir dazu einladen, sich den Begriff von Tim Berkels, Sexualpädagoge, bei Bedarf näher erklären zu lassen »hier klicken«.
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Unsere Blogreihe: Kinder schützen, Zukunft gestalten

Fokus Kita veröffentlichte zum Thema Kinderschutz bereits vier Beiträge aus der Blogreihe „Kinder schützen, Zukunft gestalten“, um ganzheitlich auf unterschiedliche Themenschwerpunkte zu schauen.

Übersicht über die verschiedenen Blog-Inhalte:

Wir laden ganz herzlich zur Auseinandersetzung mit unserem aktuellen Artikel ein.

Einführung – warum wir das Thema im Kontext von Kinderschutzkonzepten aufgreifen:

Die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes wird durch eine positive Grundeinstellung in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper gestärkt. Dabei ist ein gefestigtes physisches und psychosoziales gesundes Wohlergehen von Kindern eine zentrale Voraussetzung für ihre Bildungserfahrungen und Entwicklungsmöglichkeiten in Kitas.
Ein unbefangenes Verhältnis zur eigenen Geschlechtsidentität stärkt das soziale sowie emotionale Wohlbefinden der Kinder und trägt damit insgesamt zur positiven Entwicklung eines Kindes bei.
Die Beantwortung kindzentrierter Fragen zum Thema Sexualität beeinflussen die Haltung sowie Identifikation der Kinder mit ihrer eigenen Sexualität. Somit haben sie einen wesentlichen Anteil an der Prävention von sexuellem Missbrauch/sexuellen Übergriffen.
Eine intensive Auseinandersetzung mit sexueller Bildung zählt daher zum pädagogischen Förderauftrag von Kindertageseinrichtungen in NRW und benötigt qualifiziertes Personal, um professionell zur Umsetzung eines sexualpädagogischen Konzepts beizutragen (vgl. Aufsichtsrechtliche Grundlagen – organisationale Schutzkonzepte, LWL/LVR, 2021, S. 14 ff.).


1. Welchen Stellenwert hat sexuelle Bildung im Hinblick auf ein Schutzkonzept?

Da Kinder im pädagogischen Alltag ganzheitlich begleitet, gefördert und gestärkt werden, bedarf es auch einem fundierten Wissen der Mitarbeitenden im Bereich sexuelle Bildung.
Kinder selbst entdecken ihre Welt intuitiv im Spiel mit allen Sinnen, über das Saugen, Tasten, Fühlen, Riechen, Schmecken und Hören. Somit können Kinder differenzierte Einsichten, Erkenntnisse sowie einen ganz individuellen Erfahrungsschatz sammeln, welcher die Basis für selbstgesteuerte Bindungsprozesse ist. Die Aufklärung von Familien und dem Team der Einrichtung sowie die Entwicklungsbegleitung von Kindern gehören daher ebenso zu Bildungsthemen von/für Kitas.

Darstellung der Bildungsgrundsätze Kitas NRW in Blumenform, Stand 03.07.2024

Um Bildung zu ermöglichen, ist die Auseinandersetzung mit dem Thema sexuelle Bildung in einem umfassenden Kinderschutzkonzept für Kitas zentraler Bestandteil.

Wieso? Eine sensible und altersgerechte Begleitung der Kinder fördert ihre gesunde Entwicklung und hat damit auch einen großen Einfluss auf präventive Maßnahmen im Sinne der Wahrung von Kinderechten. Pädagogische Kräfte sollten in der Lage sein, kindliche Sexualität zu verstehen, um angemessen auf Alltagssituationen zu reagieren.

Schulungen und Weiterbildungen in diesem Bereich sind daher unabdingbar.

 

Wichtig ist, dass ein Kinderschutzkonzept nicht mit einem Konzept zur sexualpädagogischen Arbeit einer Einrichtung gleichzusetzen ist – beide Dokumente weisen dennoch gewisse Schnittmengen in folgenden Themenbereichen auf:

  • Förderung der Selbstbestimmung
    Sexuelle Bildung befähigt Kinder zur Selbstbestimmung über ihren eigenen Körper. Dieses Verständnis ist nicht nur entscheidend für die Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühls, sondern auch für die Fähigkeit, persönliche Grenzen zu erkennen und zu kommunizieren.
  • Prävention von Missbrauch
    Eine alters- und entwicklungsgerechte sexuelle Bildung trägt dazu bei, dass Kinder frühzeitig lernen, was angemessene und respektvolle Berührungen sind. Dieses Bewusstsein kann einen wertvollen Beitrag leisten, Kinder vor möglichen Übergriffen zu schützen und stärkt damit ihre Fähigkeit, sich gegen unangemessenes Verhalten zu wehren.
  • Enttabuisierung
    Durch eine offene und alters- sowie entwicklungsgerechte Auseinandersetzung mit dem Thema Sexualität können Entwicklungsphasen enttabuisiert werden. Dies ermöglicht Kindern, Fragen zu stellen und ihre eigenen Erfahrungen zu reflektieren, ohne Scham oder Unsicherheit zu empfinden.

  • Empathie und Respekt
    Sexuelle Bildung im Kita-Alltag zu integrieren trägt dazu bei, dass Kinder frühzeitig lernen, respektvoll mit anderen Menschen umzugehen und Mitgefühl sowie Verständnis für ihr Gegenüber zu entwickeln, da sie die Möglichkeit haben sich zunächst intensiv mit sich selbst, ihrem eigenen Körper und individuellen Bedürfnissen sowie Fragen zu sich selbst auseinandersetzten zu können. Ein Verständnis für die Vielfalt menschlicher Beziehungen und Lebensweisen fördert ein tolerantes und offenes Miteinander.

2. Wie kann Sexualpädagogik im pädagogischen Alltag als integraler Bestandteil umgesetzt werden?

Um die individuelle Entwicklung eines Kindes ganzheitlich zu stärken bedarf es der Möglichkeit, dass Kinder sich unbefangen mit dem eigenen Körper auseinandersetzen können. Aus diesem Grund sollten pädagogische Kräfte die Haltung einnehmen, dass Sexualität zum selbstverständlichen Teil der Entwicklung eines Menschens gehört.
Zur Vermittlung dieser Haltung bedarf es einem entsprechenden Angebot im Kita-Alltag, dass Kinder auf natürliche Weise und in einem geschützten Rahmen zur Entdeckungsfreude, zum Ausprobieren und zu Fragestellungen einlädt. All diese Aspekte sollten in einem sexualpädagogischen Konzept einer Kita aufgearbeitet werden. Dabei ist im Team eine aktive Auseinandersetzung der Kinder durch Bildungsangebote (angelehnt an die Entwicklungspsychologie) wichtig. Gleichzeitig sollten Regelungen unter Berücksichtigung des Kinderschutzkonzeptes und möglichen Grenzverletzungen festgelegt werden. An dieser Stelle wird deutlich, wie sensibel und differenziert das Themenfeld zu betrachten ist und wie wichtig Fachexpertise in diesem Zusammenhang ist.

Die Professionalität eines Kita-Teams zeigt sich in der Auseinandersetzung folgender Punkte sowohl im Schutzkonzept, als auch in einer sexualpädagogischen Konzeption:
  • Altersgerechte Aufklärung
    Die sexuelle Aufklärung sollte altersgerecht erfolgen und sich an den individuellen Entwicklungsstufen der Kinder orientieren. Pädagogische Kräfte können altersspezifische Materialien, Bücher und Spiele verwenden, um Kindern auf spielerische Weise an die Thematik heranzuführen.
  • Offene Kommunikationskultur
    Eine offene Kommunikationskultur schafft Raum für Fragen und Gespräche rund um das Thema kindliche Sexualität. Regelmäßige Gesprächsrunden oder themenspezifische Projekte ermöglichen es Kindern, ihre Gedanken und Gefühle auszudrücken.

  • Einbindung von Familien
    Die gesamte Familie ist ein wichtiger Partner in der sexuellen Bildung. Informationsveranstaltungen, Eltern-/ Familienabende und Workshops bieten Gelegenheit, die Familien aktiv in den Prozess einzubeziehen und eine gemeinsame Haltung zu entwickeln.

  • Förderung von Vielfalt
    Sexuelle Bildung sollte die Vielfalt menschlicher Lebensweisen und Beziehungen berücksichtigen. Bücher, Geschichten und Spiele, die unterschiedliche Familienkonstellationen und Lebensweisen zeigen, fördern ein Verständnis für Diversität.
  • Achtsamer Umgang mit Sprache
    Pädagogische Kräfte sollten einen achtsamen Umgang mit Sprache pflegen und sicherstellen, dass Kinder ihre Fragen und Anliegen ohne Scheu äußern können. Eine positive und neutrale Sprache schafft eine vertrauensvolle Atmosphäre. Ebenso ist es wichtig, dass Kinder über klar zuzuordnende Begrifflichkeiten verfügen, um alle ihre Körperteile und dazu zählen selbstverständlich auch ihre Geschlechtsorgane, entsprechend zu benennen. Verniedlichungsformen von Geschlechtsteilen sollten in der sexuellen Bildung vermieden werden. Pädagogische Kräfte sollten auf den Einsatz ihrer kommunikativen Mittel achten und einen deutlichen Sprachgebrauch anwenden, der im Team mit allen pädagogischen Mitarbeitenden im Vorfeld kommuniziert wird.

  • Konfliktlösung und Grenzen
    Im Rahmen der sexuellen Bildung ist es wichtig, Kindern Strategien zur Konfliktlösung und zum respektvollen Umgang mit eigenen und fremden Grenzen zu vermitteln. „Spiele“ zum Thema Konflikte lösen und Grenzen verbalisieren sowie Gesprächskreise zur Thematik können hierzu einen Beitrag leisten. Diese sollten stets altersgerecht, einfühlsam und respektvoll begleitet werden. Der Fokus liegt darauf, Kinder zu stärken, ihre eigenen Schutzmechanismen zu verstehen und zu fördern sowie ein Bewusstsein für ihre Rechte und persönlichen Grenzen zu schaffen. Wichtig ist, dass pädagogische Kräfte zum Thema Grenzsetzung den Dialog mit Kindern suchen, ihre Gedanken gehört und damit sichergestellt werden kann, dass sie das Gelernte verstehen. Grundsätzlich sollte gewährleistet werden, dass die Spiele darauf abzielen, das Wohl des Kindes zu schützen und zu fördern. Inhalte, die das Kindeswohl gefährden sollten daher zwingend vermieden werden.

  • Begleitender Prozess im Betreuungsalltag
    Sexuelle Bildung sollte nicht als isoliertes Thema betrachtet werden, sondern als integraler Bestandteil des pädagogischen Alltags. Die Einbindung in alltägliche Aktivitäten, Spiele und Gespräche fördert eine natürliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Eine offene, altersgerechte und respektvolle Auseinandersetzung unterstützt Kinder dabei, eine positive Einstellung zu sich selbst, ihrer kindlichen Sexualität und ihrem Körper zu entwickeln und eine tolerante Haltung gegenüber Vielfalt zu pflegen. Pädagogische Kräfte tragen hierbei eine bedeutende Verantwortung und sollten ihre Rolle als Begleiter:innen der kindlichen Entwicklung mit Umsicht und Sensibilität wahrnehmen.

 

3. Welchen Mehrwert bietet qualifiziertes Personal im Themenfeld sexuelle Bildung für die Kita und die Wahrung der Kinderschutzrechte?

Qualifiziertes Personal reflektiert stetig die pädagogische Konzeption im Hinblick auf sexualpädagogische Themen und schaut differenziert auf alle Beteiligten mit dem Ziel, Kinder in ihrer Entwicklung zu fördern. Sie stellen mit ihrer Handlungskompetenz den Kinderschutzauftrag und den Bildungsauftrag für die Kita sicher.

Folgende Themenfelder können durch Fachexpertise in Kitas sichergestellt werden:
  • Sensibilisierung für kindliche Sexualität
    Fachkräfte verstehen die Entwicklung der kindlichen Sexualität und reagieren angemessen auf das Verhalten der Kinder.

  • Prävention von Missbrauchssituationen
    Sexualpädagogische Weiterbildungen umfassen oft auch Schulungen zur Prävention von Missbrauchssituationen. Pädagogische Kräfte lernen, Anzeichen zu erkennen, angemessen zu reagieren und die Kinder vor möglichen Gefahren zu schützen. Hierbei geht es nicht nur um die Identifizierung von möglichen Risikofaktoren, sondern auch um die Implementierung von präventiven Bildungsmaßnahmen für Kinder.

  • Elternarbeit und Aufklärung
    Sexuelle Bildung in der Kita bedeutet auch, Erziehungsberichtigte einzubeziehen. Geschulte pädagogische Kräfte können Familien über die kindliche Sexualentwicklung aufklären, Fragen beantworten, Unsicherheiten abbauen und somit die Zusammenarbeit zwischen Kita und Familie fördern. Als kompetente Ansprechpartner für Familien mittels individueller Beratungsangebote können Erziehungsberechtigte dabei unterstützt werden, einen sensiblen und respektvollen Umgang mit kindlicher Sexualität zu fördern.

  • Förderung einer offenen Kommunikationskultur
    Pädagogische Kräfte für sexuelle Bildung können dazu beitragen, eine offene Kommunikationskultur innerhalb der Kita zu etablieren. Diese schafft eine Atmosphäre, in der Kinder sich sicher fühlen, Fragen stellen können und im Falle von Unwohlsein oder Unsicherheiten ihre Bedenken äußern dürfen.
  • Begleitung von Kindern in ihrer sexuellen Entwicklung
    Die geschulte pädagogische Kraft kann Kinder in ihrer sexuellen Entwicklung begleiten. Dies beinhaltet die Förderung eines positiven Körperbewusstseins, die Vermittlung von Grenzrespekt und die Unterstützung bei der Entwicklung der Selbstständigkeit.

  • Integration von sexueller Bildung in den pädagogischen Alltag
    Eine Fachkraft für sexuelle Bildung kann dazu beitragen, dass sexuelle Bildung als integraler Bestandteil des pädagogischen Alltags verankert ist. Dies fördert eine umfassende und gesunde Entwicklung der Kinder.

Pädagogische Kräfte benötigen:

  • (Handlungs)Wissen,
  • eine klare Haltung,
  • die Fähigkeit zur Selbst- und Fremdreflexion.

Nur damit können sie ganzheitlich den gesetzlichen Schutzauftrag wahrnehmen und die damit zusammenhängenden Aufgaben im Kita-Alltag erfüllen. Ein pädagogisches Team sollte daher auf verschiedene Ressourcen, wie fachlicher Qualifizierung und Beratung, zurückgreifen können.

Ziel von Kompetenzerweiterung sollte sein:

  • die eigene Handlungskompetenz zu erweitern,
  • stetig sensibel und wachsam für die Aufgaben, Fragen und Anliegen zu sein,
  • erweiterte Methoden und Impulse aufzunehmen, um aktiven Einfluss in den gelebten pädagogischen Alltag zu haben,
  • Konzepte, Handreichungen sowie Dokumentationen fachgerecht erstellen zu können.

Ein Schlüssel zu dieser Kompetenzerweiterung können Weiterbildungen oder Workshops zu passenden Themenfeldern sein. Bei Interesse an Workshops oder Weiterbildungen im Themenfeld sexueller Bildung für Kindertageseinrichtungen steht Fokus Kita als Weiterbildungsträger mit seinem Angebot zur Verfügung: