Die Personalverordnung vom 14.12.2024 für Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen ist erneuert worden. Mögliche Auswirkungen haben bereits jetzt große Wellen geschlagen. In diesem Blogartikel greifen wir Aspekte aus der Personalverordnung auf, die im Bezug auf den Personaleinsatz in Kitas NRW und den Quereinstieg mit der 160-Stunden-Qualifizierung besonders relevant sind.

Wir möchten an der Stelle darauf hinweisen, dass das Themenfeld Personaleinsatz in Kindertageseinrichtungen sehr umfangreich ist und nicht in allen Einzelheiten sowie vollem Umfang innerhalb eines Blogartikels dargestellt werden kann. Uns ist es wichtig sachlich darzustellen, welche Wege in den Berufseinstieg oder in einer beruflichen Weiterentwicklung derzeit möglich sind. Unser Ziel ist es, dem bereits überlasteten Kita-System machbare Kompetenzbrücken zu bauen und Teams, die Kita-Landschaft positiv gestalten möchten ebendarin zu unterstützen.
Häufig erleben wir, dass Ausführungen über die Personalverordnung (PerVO) im Zusammenhang mit der 160-Stunden-Qualifizierung den Anschein erwecken, dass jede/r qualifiziert in Kitas tätig werden kann. Personen, die den Weg tatsächlich gehen wollen merken dennoch schnell, dass
ein Quereinstieg nicht für jeden geeignet ist.

Quereinstieg in Kita: Betreuen darf nicht jede/r

In unserem Blogartikel „Der Weg in die Kita als pädagogische Fachkraft“ geben wir einen Überblick zu unterschiedlichen Funktionen im Betreuungsalltag. Eine Person, die beispielsweise als Einrichtungsleitung arbeiten möchte, sollte prüfen, ob ihr Berufs- oder Studienabschluss sie dafür bereits qualifiziert.

Daher ist es wichtig für Interessierte, die in einer Kindertageseinrichtung im Bundesland Nordrhein-Westfalen tätig sein möchten, sich zuerst mit der Frage beschäftigen, welche Funktion sie in der Zukunft in einer Kita anstreben. Daran orientiert kann die Wahl eines passenden Wegs in die Kita erfolgen.

Berufliches Ziel bestimmt den eigenen Weg in die Kita

§8 Personalverordnung
Jede Person, die eine Gruppenleitung übernehmen darf, kann mit mind. zwei Jahren einschlägiger päd. Berufserfahrung auch die Funktion einer Einrichtungsleitung übernehmen.

 §7 Personalverordnung
Nur sozialpädagogische Fachkräfte können Gruppenleitungsfunktionen übernehmen. Sie müssen dafür zusätzlich über  Deutschkenntnisse auf dem B2 Niveau verfügen (vgl. Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen).

Für bestimmte Berufsgruppen gibt es zusätzliche Voraussetzungen, die vor der Aufnahme der Gruppenleitungsfunktion vorliegen müssen.
Diese Ausnahmen sind in ebenfalls im Paragraphen beschrieben.

Beispielsweise müssen Personen, die einen Bachelor in Erziehungswissenschaften haben mind. sechs Monate Praxistätigkeit im Arbeitsfeld vorweisen.

§4  Personalverordnung
Sozialpädagogische Fachkräfte sind Personen mit bestimmten Berufs- und Studienabschlüssen. Durch ihren jeweiligen Abschluss erhalten diese Personen den Experten-Status im frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsbereich für Kindertageseinrichtungen.
Welche Ausbildungs- oder Studienabschlüsse diesem Status zugeordnet werden ist §4 der PersVO zu entnehmen. Diese Personen können als Fachkräfte in Gruppen, als Gruppenleitungen oder mit entsprechender Berufserfahrung als Kitaleitungen angestellt werden.

§5 und  §6 Personalverordnung

  • Fachkräfte in Gruppen setzen pädagogische Tätigkeiten in der Kita um. Als Fachkraft in einer Gruppe oder einem päd. Bereich können Personen tätig sein, deren Abschluss als §4 Sozialpädagogischen Fachkraft oder als §5 Weitere Fachkraft eingeordnet wird.
  • Ergänzungskräfte unterstützen und ergänzen die pädagogische Tätigkeit in der Kita, indem sie gezielt den Fachkräften zur Seite stehen und zur Förderung der individuellen Bedürfnisse der Kinder beitragen. Sie sind eine wertvolle Unterstützung, die dabei hilft, die pädagogische Arbeit noch vielseitiger und individueller zu gestalten. In §6 werden Berufsabschlüsse aufgezählt, als Ergänzungskraft anerkannt werden. Mit einschlägiger pädagogischer Berufserfahrung und Weiterbildung besteht die Möglichkeit auf eine Tätigkeit als Fachkraft.

 

Hinweis: Ausbildungsoptionen für Ergänzungskräfte
In §3 wird beschrieben, dass Träger Ergänzungskräften grundsätzlich die Möglichkeit geben sollten, eine Ausbildung zur sozialpädagogischen Fachkraft (z. B. Ausbildung zur Erzieher:in) zu ermöglichen.
Was hat sich verändert? Es gibt durch diesen Paragraphen nun einen öffentlichen Appell an die Träger, Ausbildungen für ihre Mitarbeitenden zu fördern. Allerdings bleiben die Zugangsvoraussetzungen zu den Ausbildungsgängen unverändert und eine konkrete Förderung von Ausbildungszeiten ist ebenfalls nicht im Gesetz verankert. Daher bleibt an der Stelle die Frage, wie viele Personen die Zugangsvoraussetzungen für eine Ausbildung erfüllen und ob die Ausbildungsvergütung ausreichend zur Lebensführung bei einem Quereinstieg ist. Ebenso steht die Frage im Raum, wie viele Auszubildende ein Träger zusätzlich aufnehmen und anleiten kann.

160-Stunden-Qualifizierung ist nicht für jede/n geeignet

Aufgabe von Kindertageseinrichtung ist die Betreuung, Bildung und Entwicklung der Kinder altersentsprechend zu fördern. Die hohen Ansprüche an pädagogische Arbeit und der dabei entstehende administrative Aufwand, um Kinderbetreuung qualitativ zu gestalten geben bereits vor, dass nicht jede Person über die 160-Stunden-Qualifizierung einen Quereinstieg in Kita vornehmen kann. Dies gibt auch die Personalverordnung für den Einsatz in Kitas NRW wieder.
Aus beruflicher Erfahrung können wir berichten, dass von 10 Anfragen, bis zu 7 Personen die Voraussetzungen nicht erfüllen, um mit Abschluss der Weiterbildung qualifiziert in Kitas arbeiten zu dürfen.

  • Wer prüft denn, ob die 160-Stunden-Qualifizierung beruflich verwertbar ist?

    Weiterbildungsträger prüfen i. d. R. nicht, ob eine Person die Voraussetzungen erfüllt. Die Prüfpflicht liegt bei der teilnehmenden Person selbst.

  • Woher weiß ich als interessierte Person, ob ein Quereinstieg für mich geeignet ist?

    Tipp 1

    Durch Recherche und Analyse der Personalverordnung für Kitas in NRW bezogen auf die eigenen Ausbildungs- und Studienabschlüsse. Tipp: Beratungsstelle „Fachkräfte für Kitas und Ganztag an Grundschulen“ unter https://www.fruehe-chancen.de/, abgerufen am 04.12.2024

    Tipp 2

    Kontakt mit Arbeitgebern (Träger/Kitas) aufnehmen. Träger von Kindertageseinrichtungen wissen um die Personalverordnung und können eingereichte Zertifikate von Arbeitnehmer:innen oder auch Bewerber:innen prüfen und bei Bedarf Klärungen oder Antragsverfahren bei dem zuständigen Landesjugendamt erwirken.

    Tipp 3

    Netzwerk bei der Bundesagentur für Arbeit nutzen. Hier gibt es individuelle Beratungs- und Fördermöglichkeiten über regionale Berater:innen.


Die 160-Stunden-Qualifizierung in NRW ist eine anerkannte Weiterbildung, sofern die Anbieter auf den Listen der Landesjugendämter,
LWL oder LVR, geführt werden (vgl. §3 PersVO).
Der Einblick in die Personalstruktur von Kitas in NRW zeigt, dass die Qualifizierung nur für bestimmte Personengruppen interessant ist. Oftmals sind Antragsverfahren mit Arbeitgeber:innen erforderlich, welche die Kompetenzen der Mitarbeitenden bei Anstellung kennen und sich für die Zusammenarbeit mit diesen Personen in ihren Kindertageseinrichtungen bei Einstellung entscheiden.

Eigene Abbildung zur vereinfachten Darstellung unterschiedlicher Zugangsmöglichkeiten in Kitas NRW

Weiterbildungsangebot 160-Stunden-Qualifizierung für bestimmte Personengruppen

Im folgenden Absatz zeigen wir auf, welche Auskünfte die neue Personalverordnung für Kindertageseinrichtungen in NRW über die 160-Stunden-Qualifizierung gibt. Die aufgeführten Aspekte dienen als erste Anhaltspunkte für die eigene Zuordnung von beruflichen Qualifikationen.

In §3 Absatz 4 wird beschrieben, dass Personen die eine Qualifizierung absolvieren je nach Vorgabe zwischen 6 und 24 Monate nach Tätigkeitsbeginn an der Bildungsmaßnahme teilnehmen sollen.
Ist dies nicht möglich, so können Träger nach Antragsstellung beim Landesjugendamt den Start der Weiterbildung zusätzliche 6 Monate verschieben (max. 30 Monate nach Tätigkeitsbeginn).

In §4 Abs. 3 wird beschrieben, dass Personen, welche die erste Staatsprüfung oder einen Masterabschluss für das Lehramt an Grundschulen erfolgreich abgeschlossen haben die 160-Stunden-Qualifizierung berufsbegleitend absolvieren müssen.

Eine 160-Stunden-Qualifizierung kann die Chance für einen Quereinstieg in Kitas NRW als Person auf Fachkraftstunden sein, wenn beispielsweise folgende Abschlüsse vorliegen:

  • Eine Ausbildung zum/zur Erzieher/in mit dem fachtheoretischen Prüfungsteil erfolgreich abgeschlossen und vor mehr als 4 Jahren kein Berufspraktikum absolviert wurde.
  • Ein Abschluss in Logopädie, Motopädie, Physiotherapie, Ergotherapie, Theater-, Kunst-, Musik-, Religions-, Sport-, Kultur-, Medienpädagogik
  • Psychologie
  • Bildungswissenschaften
  • Ein Abschluss als Ergänzungskraft und mind. drei Jahre einschlägige päd. Berufserfahrung

vgl. PersVO §11

In Ausnahmefällen gibt es Personen, die auf Fachkraftstunden in der Gruppe oder im Bereich eingesetzt werden können (vgl. §9 PersVO)

Hierzu ist mit einem Arbeitgeber (=Träger) und dem Jugendamt eine Ausnahmegenehmigung beim Landejugendamt einzuholen.

Träger sollten im Vorfeld der Antragsstellung sicherstellen, dass eine pädagogische Ausbildung (DQR 6) und eine 160-Stunden-Qualifizierung absolviert wurden.

Eine ebensolche Ausnahme gibt es auch für Einsätze als Ergänzungskraft. Hier ist eine pädagogische Ausbildung (DQR 4) und die 160-Stunden-Qualifizierung notwendig.

In §14 wird die Ausnahme zum Einsatz von profilrelevanten Kräften beschrieben.

Der Antrag eines Arbeitsgebers beim Landesjugendamt ist zum Einsatz erforderlich. Teil des Antragsverfahrens ist die Teilnahme an einer 160-Stunden-Qualifizierung sowie trägerspezifische Begründungen für den Einsatz einer profilrelevanten Kraft.

Informationsmaterial rund um den Personaleinsatz in Kitas NRW

Abschließend zu diesem Blogartikel teilen wir hilfreiche Links zur Orientierung in der Personalstruktur von Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen.

Vielfältige Lösungsansätze für Kitas gemeinsam denken

Unser Ziel als Weiterbildungsträger ist es, Pädagog:innen in einer wertschätzenden Umgebung Lernsettings zur Erweiterung ihrer Kompetenzen und ihres Wissens anzubieten und Träger dabei zu unterstützen, diese herausfordernden Zeiten erfolgreich zu meistern. Wir arbeiten eng mit Trägern zusammen, um maßgeschneiderte Workshops und Weiterbildungen zu entwickeln.

Lebenslanges Lernen, Leidenschaft für die pädagogische Arbeit und Selbstfürsorge sind wesentliche Säulen für pädagogische Fachkräfte, Kinder und Familien.

Durch unsere Praxiserfahrung wissen wir, wie viele Herausforderungen mit den aktuellen Lösungsansätzen im Bereich der Kita verbunden sind und dass berufsbegleitende Weiterbildungen nicht die alleinige Lösung darstellen, sondern ein wichtiger Bestandteil einer umfassenden Lösung sein können. Oft wird lediglich über den Berufseinstieg und mögliche De-Professionalisierung diskutiert, während die wertvolle Möglichkeit einer hochwertigen berufsbegleitenden Weiterbildung durch lebenslanges Lernen zu wenig Beachtung findet. Die Verzahnung von Theorie und Praxis ermöglicht es, Kompetenzen zu erweitern, Perspektiven zu verändern und gemeinsam die Qualität in Kitas weiterzuentwickeln.

Da das Berufsfeld Kita derzeit häufig in der Presse thematisiert wird – jedoch oft ohne eine umfassende Einordnung – möchten wir abschließend einen Appell aussprechen:

In der Kita-Landschaft sind Veränderungen notwendig, um verlässliche und familienergänzende Einrichtungen zu gewährleisten. Eine vollständige Antwort auf das ‚WIE‘ können wir nicht geben. Veränderungen müssen schrittweise angegangen werden, um die Versäumnisse der Vergangenheit in einem durchdachten Prozess zu korrigieren. Alles, was sich über Jahre hinweg zugespitzt hat, in kurzer Zeit nachzuholen, ist ein unerfüllbares Versprechen.

Ein herzliches DANKESCHÖN an all jene, die täglich ihr Bestes geben, um auf unterschiedlichsten Ebenen die Kitas von morgen zu gestalten. Als Weiterbildungsträger möchten wir diese Zukunft gemeinsam mit den pädagogischen Fachkräften gestalten, denn: ‚Wir können niemals nicht lernen.‘

Lassen Sie uns weiterhin gemeinsam nach Lösungen suchen, die unsere Kitas der Zukunft prägen. Denn in Kitas zu investieren, bedeutet in die Zukunft unserer Kinder und damit in eine bessere Zukunft für uns alle zu investieren. Diese Investitionen müssen jedoch vielschichtig sein: Sie betreffen nicht nur Zeit und Strukturen, sondern auch finanzielle Mittel, sowie die Personal-Kind-Relation.